Michael Mittermeier
Interview mit Michael Mittermeier
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Name: | Michael Mittermeier |
Webseite: | www.mittermeier.de | |
Tickets: | ||
U2 Support: | 29.07.2001 Berlin | |
U2 Gastauftritt: | 21.07.1987 München | |
Michael Mittermeier gehört seit Jahren zu den beliebtesten Comedians im deutschsprachigen Raum. Zur Zeit ist er auf Tour mit seinem Programm Paranoid. Doch Michael Mittermeier ist seit Jahrzehnten auch großer und bekennender U2 Fan und konnte Bono & Co. schon des öfteren treffen. Am 12. Mai 2005 hatten wir die Möglichkeit, Michael Mittermeier vor einem Auftritt in Mainz ausführlich zu interviewen. Phaser unterhielt sich mit ihm über U2 und seine Erlebnisse mit U2, über Bono's soziales Engagement, über VIP-Bereiche und Innenraumerfahrungen, über Schwarzhändler und vieles mehr. Viel Spaß beim Lesen! |
Phaser:
Hallo Michael, zunächst möchten wir dir erst einmal im Namen von U2tour.de unsere besten Genesungswünsche übermitteln. Wir haben von deinem Unfall neulich bei den Proben gehört. An dieser Stelle also die erste Frage: Wie geht es dir heute und was ist eigentlich genau passiert?
Michael Mittermeier:
Ja, das war Donnerstag. Joah es zieht, aber es bleiben keine Schäden. Also, doch ... die Rippen. Ich hab nicht mal groß an den Bändern Probleme. Es ist einfach hier an den ganzen Ober- und Unterschenkeln. Das ist sehr geprellt. Oben ist alles gezerrt. Die Aduktoren und so’n Scheiß - so wie beim Fußballer halt (grinst) Aber es geht zu spielen. Also ich mach jetzt halt drum herum weniger und geh nach der Show gleich ins Bett.
Phaser:
Auch Bono von U2 ist ja schon das ein oder andere Mal von der Bühne gefallen und hat 1987 sogar schon mal einige Konzerte mit Arm in Gips gespielt. Wie handhabst du so was? Spielen in jedem Fall so lange man noch irgendwie stehen kann? Oder bist du eventuell sogar durch so ein Handikap zusätzlich motiviert?
Michael Mittermeier:
Normalerweise ja! Höchstens du hast irgendwas wo du weißt, wenn ich jetzt eine Stunde stehe hab ich einen echten Folgeschaden und der sorgt dafür, dass ich nie wieder aufstehen kann. Aber normalerweise gehst du immer hoch. Egal was ist. Egal wie schlecht es einem geht. Meistens ist es ja auch so, wenn es dir richtig scheiße geht und du gehst hoch, dann ist das Adrenalin ja gut für dich. Das Adrenalin ist ja das Beste was du für deinen Körper machen kannst. Und in so fern ... Einmal bei einem Schlüsselbeinbruch hab ich zwei Shows nicht gespielt, war aber dann nach ein paar Tagen wieder oben auf der Bühne.
Phaser:
Seit wann bist du eigentlich genau U2 Fan? Oder lass mich anders fragen: Würdest du dich überhaupt als echt dicker U2 Fan bezeichnen?
Michael Mittermeier:
Würde ich schon sagen. Das ist meine Band. Du hast immer EINE Band im Leben. Bei mir ist das halt U2. Und das wird auch immer so bleiben. Das geht auch nicht weg. Das ist jetzt auch nicht so, dass man jetzt sagt, diese Platte war weniger gut oder die war nur "na ja". Entweder man hat eine Band oder man hat sie nicht. Ich kann es nicht mehr genau sagen ... aber es war glaube ich 1980 oder 1979 oder so ... relativ früh eigentlich.
Phaser:
Also im Prinzip als die Band hierzulande noch total unbekannt war und nur echte Freaks sie bereits kannten?
Michael Mittermeier:
Ich weiß auch gar nicht mehr warum oder so ... Ich habe die glaube ich irgendwo auf MTV gesehen oder ich habe die Platte irgendwoher bekommen oder gehört. Aber ich war relativ früh dran. In unserem Ort kannte die irgendwie gar keiner. Da war ich der erste (stolz drein blickend) Das war dann so: "Scheiß Name! Ist doch ein Flugzeug!" Ich mochte es sehr gerne und bin irgendwie immer dabei geblieben. Keine Ahnung warum, aber die hatten eine Kraft, die damals bemerkenswert war.
Phaser:
Warum war diese Kraft für dich so besonders? Was war die Initialzündung?
Michael Mittermeier:
Die Songs, welche natürlich gleich am Anfang am meisten Eindruck hinterlassen hatten, waren die Songs von der "War". "Sunday Bloody Sunday" oder so ... die Kraft, die da drin war, die war einfach echt Wahnsinn. Es hat dann einfach gleich irgendwie Klick gemacht und nie wieder aufgehört. Und es ist im Prinzip wie beim Fußballverein: Du kannst einfach nur einen Verein haben.
Phaser:
Wie lief das denn damals eigentlich genau während der "Joshua Tree" Tour ab? Ich meine, du warst ja damals beim Konzert in München der glückliche Zuschauer, dem die Ehre zu Teil kam, von Bono bei "People Get Ready" zu sich auf die Bühne gerufen zu werden.
Michael Mittermeier:
Joah, ich hab mich gemeldet und mein Kumpel hat mich von hinten hochgehoben - damit ich ihm ein bisschen größer erscheine ... weil ich bin nicht der größte (grinst) ... und dann hat er mich angeguckt und keine Ahnung - es sollte wohl so sein an dem Tag.
Phaser:
Also einfach Glück?
Michael Mittermeier:
Ich weiß es nicht - ich glaube im nach herein nicht mehr an Glück. Weil so mit der Wiederkehr nach 14 Jahren fast schon irgendwie auf den Tag genau. Da würde ich schon gar nicht mehr von Zufall sprechen. Ich glaub inzwischen schon, dass es einfach so sein sollte! Es ist passiert und scheinbar war ich gerade in diesem Moment gut bei mir und ähm ... dann kam das einfach.
Phaser:
Konnte sich Bono denn bei der Wiederkehr etwa auch noch an dich erinnern? Er gilt ja im Alltagsleben als sehr vergesslich und ... na ja ... als sagen wir mal "etwas in der Gegenwart lebend".
Michael Mittermeier:
Also als die dann in der Waldbühne gespielt hatten, da war es so, dass die vorher noch mal von irgendjemandem das Bild von damals bekommen hatten. Wir hatten zu der Zeit damals für ein Projekt mal U2 angefragt.
Phaser:
Das war damals bestimmt Mittermeier and Friends?
Michael Mittermeier:
Ja ja, genau ... und ich dachte "Probier’s halt mal! Mehr wie absagen können sie nicht!". Ich hatte damals ja auch einen Aufruf über MTV gestartet. So "Hallo Bono, wenn du mich hörst...!" und lauter so Scheiß gemacht. Ich glaub mir war auch einfach klar "Das wird eh nichts!". Aber schön war dann, dass ich dadurch dann den eigentlichen Kontakt zur Plattenfirma bekommen hab. Die haben denen das dann relativ kurz vor dem Konzert geschickt und dann waren wir noch mal wegen irgendetwas anderem in Kontakt. So kam das halt. Als ich dann auf der Bühne war hat der McGuinness (Anmerk. U2tour.de: U2’s Manager) die ja noch mal extra rausgeholt und gemeint "Hört euch das mal an! Die jubeln!". Die haben nicht geglaubt, dass das funktioniert. McGuinness hatte eigentlich nur zugestimmt, weil der Voract wegen technischer Probleme ausfiel und sonst kein anderer Act kurzfristig zur Verfügung stand.
Phaser:
Stimmt! Es war ja an dem Tag auch sehr schwer am regnen und das Konzert stand auf Grund der Witterungsbedingungen ja auch kurz vor der Absage. Es war ja bis zu letzt unklar, ob es unter diesen Bedingungen wirklich stattfinden konnte.
Michael Mittermeier:
Ja genau! Die Vorband ist deswegen ja auch ausgefallen. Deswegen waren die alle leicht unter Panik. Als es dann so gut mit mir geklappt hatte, kam Bono danach begeistert zu mir, dann hatte er sich auf einmal erinnert, dass die anderen gesagt hatten: "Das ist der, von dem wir die Fotos von damals bekommen haben!". Dann kam er und meinte (imitiert Bono’s Stimme) "It’s unbelievable - What a story!". War an sich ein schöner Moment. Er hat sich zumindest - was ich bemerkenswert fand - an mich erinnert (stolz anmerkend) Wir sind dann ja einen Monat später - da war ich eingeladen - beim Slane Castle Konzert gewesen. Da hat er sich dann dran erinnert. Das war dieses Konzert, welches sie zum Abschluss der Europa-Tour gemacht hatten. Da gab es danach eine große Party in dem Clarence Hotel, wo nach dem zweiten Konzert dann noch der Tour-Abschluss gefeiert wurde. Da bin ich dann zu Bono hin. "Hello Bono, do you remember me?" und er meinte dann "Of course, yeah." und er hat sich erinnert, dass ich der Comedian war, welcher in Berlin gespielt hatte. Fand ich sehr bemerkenswert. Aber wenn er’s nicht gemacht hätte, wäre es auch okay gewesen (schmunzelt) Die haben was anderes im Kopf. Mir geht es ja auch so: Ich treffe jeden Abend gut 40 Leute. Das ist einfach wirklich so, dass es normal ist, dass du sie vergisst. Du hast einfach zu viele Menschen um dich herum. Du hast ein "zu viel" an Menschen, die du in zu kurzer Zeit siehst. In dem Moment, in dem du einen siehst, da ist der auch schon wieder weg. Das tut mir auch oft Leid, wenn ich Leute dann später nicht wieder erkenne. Ich sag auch oft "Tut mir Leid", aber es geht einfach nicht anders. Es sind zu viele. Bei denen ist es ja nun noch eine ganz andere Welt. Die haben keine 40, die haben Zehntausende.
Phaser:
Sag mal, welche U2 Konzerte hast denn du bisher eigentlich selbst live gesehen?
Michael Mittermeier:
Also ich habe vier gesehen. Das erste war 1984 oder so ... da waren die am Nürburgring. Das war die "Unforgettable Fire" Tour. Da sind wir hochgefahren ... ein Kumpel und ich mit dem Auto. Das war, da kann ich mich noch dran erinnern ... da sind wir dann danach noch an den Chiemsee gefahren, weil geiles Wetter war, und sind dann eine Woche lang gar nicht mehr nach Hause gefahren. Das war mein erstes Konzert glaube ich.
Phaser:
Was würdest du denn sagen, welcher Song dein Lieblingssong ist? Und wie steht es mit deinem Lieblingsalbum bzw. gibt es da überhaupt eins?
Michael Mittermeier:
Das ist ganz schwierig irgendwie. Bis Ende der 80iger war’s irgendwie ... da bin ich immer zwischen der "War" und der "Unforgettable Fire" hin und hergeschwankt. Obwohl "Joshua Tree" auch ein Wahnsinnsalbum war. Aber irgendwie bin ich mit den anderen Alben rein gekommen. Deshalb finde ich auch gerade das aktuelle Album so geil. Das hängt so zwischen ... das hätte eigentlich an der "Unforgettable Fire" anschließen können. Und deswegen finde ich das aktuelle eigentlich ein ziemlich geiles Album. Es gab viele Leute, die gesagt haben, das ist wieder nicht so gut wie die "All That You Can't Leave Behind". Ich find das nicht, ich find es grandios. Ich mochte es sofort vom ersten Hören ab.
Phaser:
Also würdest du auch nicht den Thesen folge leisten, die viele andere Fans derzeit propagieren: Die Band wiederholt sich jetzt auf einmal selbst und verkauft sich? Es gab ja viel negative und stellenweise wirklich bitterböse Kritik. Auch bei uns im U2-Forum waren die Stimmen stellenweise sehr kritisch - insbesondere zu der These, die Band würde sich jetzt selbst verkaufen. Es wurde ja speziell für die Fanclub-Mitglieder ein Sonderkartenvorverkauf gemacht und nachher gab es dann gar keine Karten mehr für die Fans, da sich zuvor die Schwarzhändler bereits kräftig eingedeckt hatten. Einige Fans waren da sehr sauer, da man zuvor 40 USD Fanclub-Gebühr bezahlen musste, um überhaupt die Möglichkeit zu haben an diesem Sondervorverkauf teilzunehmen. Und das nur weil sich die ganzen Schwarzhändler aus wirklich arg dubiosen Quellen bereits alle mit ausreichend Karten eingedeckt hatten. Du hattest ja auch mal ähnliche Probleme. Was ist deine Meinung wenn du so etwas hörst?
Michael Mittermeier:
Da kannst du einfach nirgends was gegen machen. Das ist halt irgendwie ... die Schwarzhändler werden einfach immer schlimmer. Das Problem ist: DU SELBST kannst gegen sie einfach nicht vorgehen. Das ist ja bei uns auch so eigentlich. Da gibt es Leute, die verkaufen 100 oder 200 Tickets. Ich mein ... wir wissen ja zum Teil auch WIE die das machen: Da ist ein Schwarzhändler, der engagiert sich ein paar Helfer, denen gibt er ein bisschen Kohle und den Auftrag die Karten zu kaufen. Die kaufen dann die Karten, liefern sie ab und der Typ verkauft die dann später teuer. So funktioniert das bei vielen. Und du kannst nicht gegen die vorgehen. Das ist scheinbar legal solange er das auch ordentlich versteuert. Das einzige was du machen kannst ist, denen die Steuerfahndung auf den Hals zu schicken. Das haben wir jetzt bereits schon zweimal gemacht. Ob das jetzt erfolgreich ist oder nicht. Aber das ist das einzige, was scheinbar möglich ist.
Phaser:
Vor allem wenn sie im Ausland sitzen kommt man ja eigentlich nur schwer bis gar nicht an die Leute juristisch ran.
Michael Mittermeier:
Die meisten von denen tun das sogar. Also wir haben einen in München. Das ist so eine richtig miese Sau (blickt angewidert beim reinen Gedanken an die Person) Der versteuert aber ganz normal. Der hat sogar mal Leute zu mir zum Auftritt geschickt und die haben dort dann Zettel verteilt. Aber den haben wir dann auch - sagen wir mal "sehr unsanft" - hinausbefördert (lacht schelmisch).
Phaser:
Okay, jetzt mal ein ganz anderes Thema: Saturday Night Live, vor zweieinhalb Jahren! In wie weit hattest du da eigentlich wirklich Einfluss auf die Tracklist der veröffentlichten DVD?
Michael Mittermeier:
Ich habe sie komplett selber zusammengestellt.
Phaser:
Das war also von vorne bis hinten dein Baby?
Michael Mittermeier:
Sonst hätte ich das nicht gemacht. Ich hab eh nie im Fernsehen selber was gemacht. Ich habe das somit immer mehr als ein "Special" gesehen. Ich hätte sogar lieber nur zwei oder drei Folgen gemacht. Es war also alles von mir selbst "handverlesen".
Phaser:
Es freut uns zu hören, dass hier nicht alles immer auch gleich Retorte ist. Was macht denn U2 in deinen Augen ganz besonders? Vielleicht kannst du dazu einfach nur so mal einen Satz sagen - so fern man es überhaupt in einem Satz beschreiben kann.
Michael Mittermeier:
Also ich sage sie haben eine unheimliche Kraft als Band live auf der Bühne wie aber auch in der Konserve. Es ist aber auch eine Kraft, die parallel auch mit den Texten einhergeht. Sie wirkt also von beiden Seiten ein und das ist halt schon irgendwie bemerkenswert. Okay, die einen sagen halt "Öhh, der Bono ist ein Prediger!" und ich sag halt "Der hat wahnsinnig geile Texte geschrieben - und das schon immer!". Gerade das hat mich immer beeindruckt ... und die Musik ist halt einfach knackegeil. Das ist halt so richtig "voll auf die Mütze".
Phaser:
Da möchte ich dann gleich nachhaken, auch bezugnehmend auf deine eigenen Benefizprojekte. Also Bono wird ja irgendwo geliebt und gleichzeitig auch gehasst. Er polarisiert vor allem wegen seiner Benefizprojekte. Gerne bezeichnet er sich selbst sogar als "the fucker with the white flag". In wie weit respektierst du sein soziales Engagement? Sagst du auch an einigen Stellen, er sollte es nicht übertreiben, da seine Glaubwürdigkeit dann leidet? Das ist ja auch so ein klassischer Kritikpunkt, welcher von einigen Fans immer mehr geäußert wird. Sie sagen, er sei inzwischen nicht mehr glaubwürdig. Würdest du sagen, es ist eine coole Sache was er da macht und wie er sich engagiert?
Michael Mittermeier:
Also ich finde ihn glaubwürdig - weil er macht das was er für sich glaubt tun zu müssen. Und mal ganz ehrlich: alle, die ihn mehr kennen, stecken aber nicht in seiner Haut. Keiner isst sein Frühstück am Morgen, keiner geht mit seinen Kindern umher, und keiner macht die Arbeit, die er macht. Seine Gedanken bringen ihn zu dem was er macht und das ist auch gut so. Dass so was andere nicht mögen oder die sagen "Hach, der verdient so viel Geld und nun engagiert er sich sozial". Also Moment mal? Darf man sich nur engagieren, wenn man kein Geld verdient? Er sammelt ja nun auch wirklich viel Geld. Da kommt halt auch was rein. Er schafft auch Werte. Man kann sagen was man will. Er war doch damals bei diesem Gipfel? Wo war er denn da? Ach ja, in Genua. Ich mein er ist immerhin in den Nachrichten abends. Also 20 Uhr abends im Fernsehen. Er schafft da Werte. Was willst du mehr?
Phaser:
Und seine Worte finden immerhin inzwischen auch das Gehör von wichtigen Persönlichkeiten wie Bill Gates oder George W. Bush.
Michael Mittermeier:
Ja, ich glaube man macht sich es einfach zu leicht, wenn man einfach sagt "Jaaa, dann redet er jetzt mit George W. Bush und das ist ja alles sowieso nur abgesprochen damit es gut für das Image beider kommt!" Also nein, da muss man auch erst einmal hinkommen. Weil, es ist halt auch schon nicht so einfach. Ob der da nur gute Dinge macht oder nicht, das ist auch letztendlich nicht in meinem Ermächtnis dies zu werten und zu sagen das ist "Blöd" und "Scheiße". Also wen es stört, der soll es halt bleiben lassen. Der soll sich dann halt auch 'ne andere Band suchen. Ich mein, der soll halt zu Guns’n Roses gehen oder so (abwertend blickend) Da bin ich auch ganz schmerzlos. Das ist wie bei mir: Es gibt Leute, die mich für das was ich mache wüst beschimpfen.
Phaser:
Warum?
Michael Mittermeier:
Ach, vor allen Dingen in den letzten eineinhalb Jahren. Weil seitdem die Gangart einfach ein bisschen härter geworden ist. Das Programm ist deutlich politischer geworden. Ich trag sicherlich noch mehr vorne herum und das stört manche Leute. Und da beschweren sich dann auch einige. Eine Mutter hat mich erst vor zwei Tagen in meinem Gästebuch beschimpft. Es wäre das letzte was ich da machen würde und das wäre frauenverachtend.
Phaser:
Also bist du jetzt auch Opfer des Harald-Schmidt-Effekts, dass Leute zwischen dir auf der Bühne und dir als Privatperson keinen Unterschied mehr machen?
Michael Mittermeier:
Na ja, sie hat mein Programm im Fernsehen mit ihrem 6-jährigen Sohn geguckt. Und ich sei ein scheiß Vorbild für Kinder und na ja ... dann ist sie halt für mich auch keine gute Mutter. Weil, wenn mein Kind 6 Jahre alt ist, dann darf es auch nach 22 Uhr kein Fernsehen gucken. Das merkt die scheinbar gar nicht. Aber das ist halt so: Wenn du dich weit raus lehnst, kriegst du es auch zurück. Aber das ist auch okay so. Damit kann ich leben.
Phaser:
Da gebe ich dir recht. Das sehe ich persönlich auch so. Man muss halt nur ruhig schlafen können, oder? Du kannst nicht jeden glücklich machen und es ist erst mal wichtig mit sich selbst zufrieden und vor allem im reinen zu sein.
Michael Mittermeier:
Früher war ich manchen zu sehr "Weichei" und jetzt geht es manchen in meinem Programm halt an das, was sie mögen oder an die Partei, die sie wählen, oder an ... keine Ahnung ... wenn du was über den Papst machst. Also bisher habe ich (klopft auf den Tisch) noch nie in 20 Jahren Tour irgendeinen Skandal gehabt oder wegen irgendeiner Skandalmeldung einen Zuschauer ködern müssen. Und das zeigt, dass das was ich mache kein Skandalscheiß ist, sondern ich bin nur sehr ehrlich und in manchen Dingen auch nur härter geworden. Das ist der Zeit aber auch angemessen. Das ist auch gut so!
Phaser:
Also ist deine Philosophie durch Qualität zu überzeugen und nicht durch Skandale?
Michael Mittermeier:
Also glaube ich! Und wer es nicht nehmen will? Ich habe überhaupt kein Problem, wenn es Leute gibt, die sagen "Höre ich mir nicht mehr an!". Als ich die anderthalb Jahre Auszeit genommen habe, haben mir viele geraten dies nicht zu machen. Sie warnten mich davor, dass die Leute nicht mehr wieder kommen und so und hmm ... dein Zenit ist dann überschritten und der Markt geht weiter und so was. Dann habe ich immer gesagt: Jeder der von mir weg geht, nur weil ich einfach anderthalb Jahre mal nix mache, der soll das auch tun. Ich würde ihn dann auch sonst nicht wirklich davon abhalten können. Wenn einer nur deswegen meine Nummern nicht mehr hören mag, nur weil ich ein Jahr nicht im Fernsehen bin ...
Phaser:
... auf den kann man dann eh verzichten, oder?
Michael Mittermeier:
Ich kann dem nicht helfen! Das ist nicht mein Bier und da bin ich sehr entspannt.
Phaser:
Bono selbst sagt ständig, die Band erfindet sich jedes Mal. U2 möchten ja auch immer neue Fans erschließen und riskiert dabei durchaus den Verlust von alten Fans. U2 scheinen ein großes Interesse daran zu haben stets neue Märkte zu erschließen. Als eine der wenigen großen Bands haben sie eine ständige Fluktuation - das ist ja nicht so wie bei den Rolling Stones, wo eigentlich immer die gleiche Zielgruppe steht.
Michael Mittermeier:
Diese jungen Leute da bei der Elevation Tour ... da waren wahnsinnig viele junge Leute. Ich war echt überrascht. Ich dachte mir so: Da sehen wir jetzt alle die, wo wir schon seit zehn oder 20 Jahren hier sehen und diese neuen. Ich find das macht auch die Band aus. Sie haben immer experimentiert. Dann wurden sie mal wieder gescholten, nur weil wieder das Album nicht so war wie alle erwartet haben oder es ihrer Meinung nach hätte sein müssen. Sie geben sich aber wenigstens immer wieder das Risiko auch mal zu sagen "Vielleicht sind wir einen Schritt zu weit gegangen!". Im Grunde ist das Album "Achtung Baby" doch das meistkopierte Album der ganzen Musikgeschichte. Es ist so! Das muss man einfach mal so sagen. Da können sich echt alle Indie-Bands, die jetzt das Maul aufreißen gegenüber einer Band wie U2 mal zurückhalten. Alle Indie-Bands haben da abgekupfert. Es gibt keine Band, die es nicht gemacht hat. Der ganze Brit-Pop und so ein Scheiß. Blink und Blah. Selbst Industrial und wir quäken in ein Megafon und singen dabei - alles abgekupfert von der "Achtung Baby".
Phaser:
"Zoo Station" und "The Fly" wären ja mal zwei Beispiele, bei denen U2 bei einigen Fans für so einen richtigen Kulturschock gesorgt haben? U2 goes Industrial.
Michael Mittermeier:
Ja, da war einfach alles drin. Ein Meilenstein der Musikgeschichte. Und ... ähm ... für dieses Album sind sie im Übrigen ganz viel gescholten worden. Ganz viel.
Phaser:
Ja, aber weil sie sich eben neu erfunden haben und die alten Fans nicht bereit waren es zu akzeptieren, dass die Band jetzt keine Kopie von "The Joshua Tree" gemacht hat!
Michael Mittermeier:
Ja, und auch viele Leute von außen: Das ist ein grandioses Album, welches mehr Musiker beeinflusst hat, wie wahrscheinlich alle anderen Alben zusammen. Keine Ahnung! Und ähm ... die experimentieren ja immer rum. Man muss das ja auch dem Künstler zugestehen so etwas zu machen. Wenn es nicht weiter geht, dann, dann säuft er ab, dann stirbt er. Wir stecken alle nicht in denen drin. Es steckt auch keiner bei mir drin. Bei jedem Programm versuche ich also was neues zu machen. Wenn Leute dann sagen "Des gefällt mir aber nicht so wie damals Zapped, weil damals die Enterprise viel lustiger war". Dem sag ich: "Ja gut, dann kauf dir die Zapped und sei glücklich damit!" Ich kann denen anders wirklich nicht helfen. Weil, das ist mein Leben, was ich da auf der Bühne verbringe. Und Bono und die Jungs, bei denen ist das genauso. Und das ist ihr Leben und das müssen sie auch so leben, wie sie es leben wollen. Und wenn du es jedem recht machen willst, das geht einfach nicht.
Phaser:
Ist Bono in deinen Gedanken mit seiner weißen Flagge eigentlich noch nie ein Objekt für dein Programm gewesen? Harald Schmidt hat ja nun auch bereits öfters U2 und vor allem Bono mächtig auf die Schippe genommen - vor allem übrigens wegen seines sozialen Engagements.
Michael Mittermeier:
Harald kennt sich aber da auch zu wenig aus. U2 ist nicht seine Musik, Harald hat Ahnung von so ca. 95% was auf diesem Erdball abgeht (respektvollverneig) aber von richtig guter Rockmusik glaub ich hat er nicht so viel Ahnung.
Phaser:
Also du würdest U2 nie auf der Bühne auf die Schippe nehmen und ihr soziales Engagement karikieren?
Michael Mittermeier:
Also ich würde es machen, aber nur wenn mir auch was einfällt. Aber ich würde mich nicht hinsetzen und sagen "Jetzt schreib ich was, weil ich unbedingt U2 verarschen will". Ich schreibe auch ganz anders. Ich schreibe generell anders. Ich schreib, was mir einfällt und mich anspringt. So ein aktuelles Thema wie z. B. die Papstwahl. Ich schreibe immer dann, wenn mir was einfällt. Es bringt mir nichts, wenn ich eine lausige Nummer mache. Das ist glaube ich das Problem von vielen Comedians, weil sie auf Teufel komm raus irgendwas machen wollen, nur weil es gerade irgendwie "In" ist. Dann kommt meistens nur was schlechtes raus und das macht dann auch keinen Sinn.
Phaser:
Michael, kennst du eigentlich überhaupt die amtlichste deutsche Webseite über deine Lieblingsband? Ich rede jetzt von U2tour.de?
Michael Mittermeier:
Ich bin generell nicht der große Surfer. Das muss ich hier mal zugeben. Ich schaffe es gerade so eben mal meine eigene Homepage zu machen und hier mal das Tourtagebuch zu updaten. Aber irgendwie bin ich nicht der große Surfer. Wenn ich da noch irgendwie eintauchen würde, würde ich glaube ich gar nichts mehr geregelt bekommen. Von daher kenne ich die Seite bisher leider nicht.
Phaser:
Wirst du dieses Jahr auch auf ein U2 Konzert gehen?
Michael Mittermeier:
Ja, Berlin und München. Die beiden wohl.
Phaser:
Gehst du dann in den Innenraum oder bevorzugst du den VIP-Bereich? Kannst du dich überhaupt noch im Innenraum sehen lassen ohne dass dich während des Konzerts alle Leute anquatschen und von dir Autogramme wollen?
Michael Mittermeier:
Also zu Konzerten, die ich wirklich sehen will, da geh ich auch in den Innenraum. Es ist ja komisch. Weißt du, die Leute die dann im Grunde schimpfen, dass die so genannten Promis sich zu gut sind, das sind meistens die ersten, die dich dann fotografieren sobald du im Konzert bist und im Innenraum stehst. Es ist halt traurig. Bei Rock im Park oder so Konzerten, da bin ich halt bewusst in die Mitte gegangen - also nicht vorne in den abgesperrten Bereich. Das vor allem, weil ich es hören wollte. So Santana und Lenny Kravitz und solche Acts. Dann hast du da aber so einen Vollidioten (angewidert), der neben dir steht und dich wirklich 20 Minuten lang mit der Videokamera von der Seite filmt - und das aus einem Abstand von eineinhalb Metern. Das find ich impertinent, respektlos und einfach für’n Arsch.
Phaser:
Da könnte man doch eigentlich sagen: Bist deppert?
Michael Mittermeier:
Und selbst wenn du dann sagst "Hallo, hey es reicht jetzt bitte. Ich würde jetzt gerne das Konzert sehen!" - die hören dann nicht auf. Das sind dann aber genau die ersten, die sich später beschweren und sagen "Der ist aber arrogant!". Aber ich bin bei jedem Konzert in der Mitte. Jetzt war ich erst in München gerade auf dem Helden-Konzert. Ich geh auch auf viele kleine Konzerte. So z. B. im Atomic Café oder so. Da gibt es gar keinen abgesperrten Bereich für Prominente. Da spielen die ganzen guten Bands (teuflischesGrinsenimGesicht), die später mal berühmt werden. So wie Coldplay und Black Rebel Motorcycle Club. Das ist ein geiler Laden. Da bin ich relativ oft eigentlich mal drin und schau mir was an.
(Anmerkung des Interviewers: Falls ihr Michael mal im Atomic Café trefft: Keiner hat etwas gegen ein Autogramm, aber bitte lasst ihn doch danach auch einfach in Ruhe das Konzert anschauen und respektiert seine Privatsphäre).
Bei großen Konzerten hock ich genauso wie jeder irgendwo und hab einen Platz. Es sei denn sie haben irgendwo speziell Plätze gesperrt und man hört dort auch gut.
Phaser:
Es ist also nicht so, dass du mal eben Bono anrufst und zack, da hast du deinen Pass?
Michael Mittermeier:
Nee ... ich lass mir natürlich schon irgendwo Karten besorgen, weil ich einfach gar nicht die Zeit und Schnelligkeit habe mir selbst welche zu kaufen.
Phaser (augenbrauenhochziehend:
... die waren ja auch sofort weg!
Michael Mittermeier:
Ja genau! Sind eh gleich weg. Aber weil ich eben damals den Support gemacht habe, habe ich da noch ein paar Kontakte und bekomme natürlich auch Karten. Ich kann dann irgendwo durch einen eigenen Eingang gehen, stehe dann aber später auch ganz normal wie jeder andere mit in der ganzen Masse. Ich will nicht irgendwo am Scampi-Stand stehen.
Phaser:
Also nix für Turnbeutelvergesser?
Michael Mittermeier:
Ist ja auch Käse. Es ist aber gut, wenn du einen Bereich hast, wo du zur Not hingehen kannst. Das Problem ist eben, wenn einer mal anfängt, sind da schnell zehn Leute, die anfangen dich zu fotografieren oder plötzlich daher kommen. Dann gibt es einfach Leute, die hören dann einfach nicht mehr auf. Dann musst du leider oft gehen. Es tut einem selber dann oft Leid. Das ist echt Schade für die, die sich dann anständig benehmen und einen wieder in Ruhe lassen. Aber dann ist es gut, wenn du eine Möglichkeit hast wo hinzugehen, wo kein anderer nach kann. Das ist eigentlich für mich der wahre Sinn eines abgesperrten Bereichs: Da kann ich hingehen, wenn Leute einfach zu aufdringlich werden. Und einige tun das leider halt immer wieder mal.
Phaser:
Okay. Ja, das ist in der Tat schade. Ich kann dich da verstehen. Ich denke so was würde jedem Leid tun.
Michael, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mit uns ein wenig über deine Lieblingsband zu sprechen. Wir wünschen dir sowohl gleich bei deinem eigenen Auftritt wie auch bei den anstehenden U2-Konzerten ganz viel Spaß und bedanken uns für das Gespräch.