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Buch: Bono über Bono
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Jeder, der sich in den letzten 2 Jahrzehnten für Musik interessiert hat, ist wohl früher oder später über Bono gestolpert. Der Sänger der Rockband U2 polarisiert wie kaum ein anderer des Genres. Die Kritiker sind regelmäßig zur Stelle, sobald der kleine Ire im Fokus der Öffentlichkeit auftaucht. Von seinen Fans wird er vergöttert und geliebt und trotzdem spaltet er die Anhängerschaft oft in zwei Lager, nur kalt lässt der Mann irgendwie keinen.
Es gibt viele Beschreibungen und Klischees für und über Bono - manche sind zutreffend, andere wiederum nicht. Lassen wir an dieser Stelle doch einfach mal Bono zu Wort kommen, so wie er sich sieht und Michka Assayas beschrieben hat: „ Ich bin kritzelnder, Zigarren rauchender, Wein trinkender, Bibel lesender Rocker...Angeber, der gern Bilder von dem malt, was ich nicht sehen kann. Ehemann, Vater, Freund der Armen und manchmal der Reichen, Aktivist und Handelsvertreter in Ideen...Schachspieler, Teilzeit-Rockstar, Opernsänger in der lautesten Folk-Truppe der Welt.“ Das ist doch eine gute Einschätzung der eigenen Person und räumt vielleicht mit einigen Klischees über sich selber auf oder bestätigt sie - je nach Sichtweise der Dinge.
In dem Buch „Bono über Bono“ gibt der Rockstar zum ersten Mal Einblick in sein Privatleben. Eine Autobiographie in Gesprächen, die Bono mit seinem langjährigen Freund Michka Assayas zwischen 2001 und Oktober 2004 an verschiedenen Orten geführt hat. Auch wenn man auf den ersten Blick den Eindruck gewinnt, man hat es hier schlicht mit einem Buch in Interviewform zu tun, so ist das 286 Seiten starke Werk doch viel mehr als das. Zwischen dem Autor und Sänger entwickeln sich nicht nur immer wieder interessante Gespräche sondern aufgrund der geschickten und einfühlsamen Vorgehensweise von Michka Assayas auch für den Leser höchst interessante Diskussionen, die mal lustig, mal nachdenklich und auch traurig sind, aber nie oberflächlich wirken. Zudem hat man auch als Außenstehender das Gefühl, dass man leibhaftig zugegen ist, wenn sich die beiden die Bälle zuspielen.
Bono spricht nicht nur über U2, sondern über Musik allgemein, Familie und Politik. Dies macht das Werk nicht nur für Fans interessant, sondern ist auch sehr lesenswert für alle Musikinteressierten und auch für Menschen, die sich einfach mal mit einer der interessantesten Persönlichkeiten unserer Zeit befassen wollen.
Bei der Lektüre des Werkes hat man immer wieder den Eindruck, dass die Gespräche für Bono eine Art Therapie darstellen und er auf diese Art und Weise einige Dinge verarbeiten kann. Der Sänger gibt immer wieder tiefe Einblicke in sein Seelenleben, ob es nun die nach dem frühen Tod seiner Mutter oft schwierigen Beziehungen zu seinem Vater und seinem älteren Bruder waren, die Kämpfe, die innerhalb der Band ausgetragen wurden und werden, seine Jugend in Dublin und die damit bis heute anhaltenden Freundschaften oder der Tod seines Vaters. Selten hat man in so geballter Form Einsicht in das Innere des U2 Sängers erhalten. Wie ein roter Faden ziehen sich drei Eckpfeiler durch das Buch und damit Bonos Leben: seine tiefe Verbundenheit zu Gott, seine Familie (seine jetzige mit seiner Frau Ali und seinen vier Kindern , aber auch der Verlust einer ‘richtigen Familie‘ in frühster Jugend durch den Tod seiner Mutter) und seine Freundschaft zu seinen drei Bandkollegen und aus seiner Jugendzeit in Dublin. Immer wieder kommt der Rocksänger auf diese drei Punkte zu sprechen.
Ein ausführliches Thema ist natürlich auch Bonos Einsatz für DATA und Afrika, sein Kampf für den Schuldenerlass der dritten Welt und sein Kampf gegen Aids. Zwischendurch werden immer wieder Anekdoten erzählt, die zum Teil regelrecht grotesk anmuten, zum Leben eines Stars aber wohl dazugehören.
Als Fazit kann man festhalten, dass man hier ein absolut lesenswertes Buch vorliegen hat und ohne schlechtes Gewissen kann eine Kaufempfehlung für das Werk ausgesprochen werden. Wer allerdings auf viele Bilder von Bono hofft, wird mir diesem Werk nicht glücklich werden. Lediglich in der Mitte finden sich einige wenige Fotos. Mehr braucht es aber auch nicht, denn das Buch hat auch so sehr viel zu bieten. Auch wenn man Bono danach nicht lieben muss, so sollte man dem Mann aber den nötigen Respekt und die Anerkennung entgegenbringen, die er verdient hat. Und eine kleine Randbemerkung sei an dieser Stelle erlaubt: Der Schreiber dieser Zeilen hat sich in den letzten Jahren auch immer mehr zu einem harten Kritiker von Bono entwickelt, nach Lektüre des Buches wird vieles aber verständlicher und deutlicher und auch wenn ich nicht alles bejubeln muss, was die Stimme von U2 so macht, so werde ich in Zukunft wieder einiges mit anderen Augen sehen – was ein Verdienst der beiden Akteure von „Bono über Bono“ ist.
Rezensent: Torsten Schlimbach
Bewertungsschema:
(6) Ein absolutes Muss!
(5) Sollte man als großer Fan gelesen haben.
(4) Eine der besseren Veröffentlichungen.
(3) Ganz OK, aber mit einigen Schwächen.
(2) Wirklich kein Muss, aber mit netten Fotos.
(1) Braucht kein Mensch.
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