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U2 News » U2 360° - The Greatest Show On Earth


The Greatest Show On Earth? Nun, zumindest die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache - mit Einnahmen von über 730 Millionen Euro ist 360° die Tour mit den höchsten Einnahmen aller Zeiten.

What time is it in the world? - Auf jeden Fall sind 10 Jahre (!) vergangen seit The Claw ihre Premiere in Barcelonas Camp Nous feierte. Zeit für einen persönlichen Rückblick.

Let us in the sound - The Edge und Adam auf der Claw (Foto: Sabine für U2tour.de)

Soviel vorweg: die Eingangsfrage wird von mir mit einem eindeutigen JA beantwortet. Die 360° Tour war in meinen Augen die größte Show aller Zeiten, weder mein bis dahin All-Time-Favourite ZooTV, noch die bombastischen Pink Floyd Konzerte, die ich besucht habe, können ihr das Wasser reichen. Das Monster, das Willie Williams und Mark Fisher hier erschaffen haben, stellt in Sachen Stage-Design alles vorhergewesene in den Schatten. Egal, wie groß und aufwendig Konzert-Inszenierungen bis dato waren, so etwas wie die 360° Tour hatte es noch nie gegeben; für mich war sie nicht weniger als eine Zäsur in der Geschichte der Live-Tourneen.

Ein paar Fakten:

  • Insgesamt bauten die belgische Firma Stageco und das US-Unternehmen drei Bühnen; jede einzelne war über 51m hoch
  • der äußere Laufstegring hatte eine Länge von 147,5 Metern
  • die Bühne konnte ein Gewicht von 200 Tonnen tragen
  • 120 Lastwagen wurden jeweils zum Transport benötigt
  • die Kosten für jede einzelne der drei Bühnen betrugen ca. 30 Millionen US-Dollar
  • Die Crew bestand aus 137 Festangestellten, die vor Ort jeweils um 120 temoprär engagierte Mitarbeiter ergänzt wurden.
  • Durch die offene Bauweise der Bühne konnte die Kapazität der Venues um 15 - 20% gesteigert werden
  • der Videobildschirm bestand aus über einer Million Teilen, darunter 411.000 Pixel
  • Schätzungen zufolge wurden im Rahmen der Tour 65.000 Tonnen Kohlendioxid produziert; U2 arbeiteten u.a. mit carbonfootprint.com zusammen und leisteten Ausgleichszahlungen um die Umweltauswirkungen zu kompensieren.
  • die grünliche Außenhaut der Kontruktion umfasste eine Fläche von 1.500 m²

Ausführliche Informationen zur 'Claw', dem Beleuchtungs- und Soundsystem findet Ihr in unserem SPECIAL

Die Zahlen sprechen für sich: allein die Höhe der Konstruktion übertraff den bisherigen Rekordhalter, die A Bigger Bang Bühne der Rolling Stones um mehr als das Doppelte. Höher, größer, schwerer...die Bühne zur 360° ist ein einziger Superlativ!

Doch Größe allein ist nicht alles! Bombast garantiert keine Qualität, oft bleiben die Emotionen dabei auf der Strecke. Die intime Atmosphäre eines Clubs kann der Gigantomanie einer Stadion-Tour weit überlegen sein. U2 im reduzierten Setting der Elevation Tour oder gar schnörkellos im Apollo Theater - es sind oft diese Momente, die unvergesslich bleiben.
Und doch wird die 360° Tour für alle Zeit einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen. Sie ist, das trifft es ganz gut, das musikalische Pendant zu dem, was das Sommermärchen 2006 für meine Fußball-Leidenschaft bedeutete. Mit sieben Konzerten habe ich im Vergleich zu manchem Fan-Kollegen zwar nur eine überschaubare Anzahl an Konzerten miterlebt, dennoch waren die Jahre 2009/2010 wohl die intensivsten und schönsten in meiner 'Karriere' als U2 Anhänger.

      
Sing your heart out (Foto: Hans für U2tour.de)

Meine Tour-Premiere in Mailand war natürlich geradezu prädestiniert dafür, überwältigt zu sein. Denn auch wenn ich die Show als eine der schwächeren in Erinnerung habe, so war der Anblick der Bühne vom Oberrang des San Siro atemberaubend. Im größten Stadion Italiens, welches mit seiner Höhe die gesamte Stadt überragt, schien die Claw tatsächlich verhältnismäßig normal dimensioniert; dafür kamen Design und Lichteffekte von meinem Platz aus voll zur Geltung.
Die unterschiedliche Wirkung der Bühne in den verschiedenen Venues stellt für mich eine der bleibenden Erinnerungen an die Tour dar. Im San Siro noch überschaubar, kamen die Ausmaße des Monsters in Berlin voll zur Geltung. In Amsterdam füllte das Konstrukt mehr als den halben Innenraum, in Züricher Letzigrund mutete das Verhältnis zur Höhe des Stadions surreal an - ein beinahe 52m Ungetüm, in einem Stadion, dessen Dach nicht halb so hoch ist. Frankfurt widerrum bot durch die Lage in der Einflugschleuse des Flughafens faszinierende Momentaufnahmen, wenn ein Jumbo im Steilflug über das Dach der Bühne hinwegglitt.


The Claw, Croke Park Dublin © Kristian Strobech profile, U2 360° Tour at Croke Park, CC BY 2.0

Ebenso vielseitig wie die Wirkung der Bühne in den unterschiedlichen Umgebungen: die Wahrnehmung der Show von unterschiedlichen Standpunkten aus. Ob unter einer der beweglichen Brücken innerhalb des Laufstegs, weiter entfernt im Innenraum mit Frontalansicht oder auf einem Sitzplatz seitlich der Bühne - die Tour bot etliche Perspektiven und jede hatte ihren ganz eigenen Charme. So ganz '360' wie der Namen suggeriert war das Bühnenkonzept dann zwar doch nicht, die Zuschauer 'hinter' der Bühne saßen eindeutig entgegen der Showrichtung, doch gemessen am Preis von ganzen 35 Euro kamen auch sie auf ihre Kosten. Unterm Strich wurde die Intention, die Distanz zwischen Band und Publikum zu brechen, in meinen Augen erfolgreich umgesetzt. Wer früh queuete und sich im wahrsten Sinne des Wortes als 'Teil des Inner Circles' fühlen durfte, der war tatsächlich mittendrin statt nur dabei. 


If Adam wears that velvet dress - Der Jazzman auf einer der Verbindungsbrücken der 360° Bühne
(Foto: Hans für U2tour.de)


Ground Control to Major Tom - wer mit der futuristischen Claw in den Stadien dieser Welt landet, der hätte sich wohl keinen passenderen Song als Intro aussuchen können. Bowies Klassiker, gefolgt von Soon ist für mich seither untrennbar mit der 360° Tour verbunden, ein Gänsehautmoment jedesmal aufs Neue. Was den Opener angeht, so hätte ich mir gewünscht, dass Breathe seinen Platz nicht für das Return of The Stingray Guitar Instrumental hätte räumen müssen. Larrys Solo-Einstieg war nach meinem Geschmack der deutlich bessere Einstieg. 
Mit der Songauswahl war ich im Großen und Ganzen zufrieden, insbesondere während des ersten Legs, da mit Unknown Caller eine meiner Lieblingsnummern regelmäßig in der Setlist auftauchte. 2010 überraschte die Band dafür positiv, als sie mit North Star, Every Breaking Wave, Mercy and Glastonbury immerhin vier neue Songs präsentierte. Dass die Darbietung häufig etwas holprig war, sei verziehen, die Freude darüber, neues Material zu hören überwog eindeutig. 
Bei einer Bühne dieses technischen Ausmaßes bestimmt das Stage Design die Songauswahl indirekt mit, bestimmte Nummern können vor dieser Kulisse verloren wirken. So geschehen mit In A Little While, eigentlich einer meiner Favoriten, bei dieser Tour konnte er mich jedoch nicht überzeugen.  Ein Song, der hingegen wie für die Claw geschrieben zu sein schien und deshalb mein persönliches Highlight: Until The End Of The World. Mit dem Strom, den die Bühne bei diesem Song verbraucht hat, hätte man vermutlich ein Jahr lang eine Kleinstadt versorgen können, aber jede Kilowattstunde war es wert ;)

   
They found grace inside a sound: The Edge und Larry auf der 360° Tour (Fotos: Sabine für U2tour.de)

Andere Songs gewannen im Setting der Claw sogar an Qualität – City Of Blinding Lights etwa ist für mich eigentlich eher ein Streichkandidat, im Rahmen der 360° Tour hat er mich hingegen überzeugt.
Ironischerweise war der am häufigsten "gespielte" Song zugleich der, auf den ich am ehesten hätte verzichten können: I’ll Go Crazy If I Don’t Go Crazy Tonight führt die Liste mit 111 Darbietungen bei 110 Konzerten an – beim zweiten Barcelona Konzert wurde neben dem Remix zur Mitte der Show noch die Albumversion im Zugabenblock gespielt. Letztere hätte ich gerne öfter gehört. Intention des Remixes war es laut Bono, die Zuschauer zwischenzwei Setlist-Blöcken zu desorientieren. Auch wenn das optisch und dramaturgisch recht eindrucksvoll wirkte: Für mich war die Richtung klar: Ich orientierte mich während des Remixes auf direktem Weg zur Toilette oder zum Getränkeholen :) 

   
Bono tauscht seine Ultraviolet-Jacke gegen ein Schweinsteiger-Trikot
(Foto links: Sabine für U2tour.de, Foto rechts: Conny Wittmann für U2tour.de)


Überraschungen gelangen der Band sicher mit zwei Nummern, die im Zugabenblock gegeneinander getauscht wurden: sowohl Ultraviolet als auch Hold Me, Thrill Me, Kiss Me, Kill Me hatte man zuvor letztmals während der Zoo TV, bzw. der Popmart Tour live erleben können. Womit ich auch beim aus meiner Sicht beinahe einzigen Manko der Tour wäre: bei keiner anderen U2 Tournee habe ich so schmerzlich Songs von Pop und Zooropa vermisst. Man stelle sich einmal vor: Lemon auf der grell gelb erleuchteten Claw oder Numb mit Edge Close-Up auf dem zylinderförmigen Video-Screen, Last Night On Earth oder Gone unter Einsatz der Spots und Stroboskope – was für Möglichkeiten! Dass Zooropa es am Ende in die Setlist schaffte – prima –aber da wäre noch mehr möglich gewesen. 

Zum Sound erinnere ich mich an unterschiedlichste Urteile, einge davon ziemlich vernichtend. Vielleicht hatte ich einfach nur Glück, aber das was Joe O' Herlihy aus dem massiven Soundsystem herausholte, konnte mich bei meinen Shows fast durchweg überzeugen. Die Herausforderung, eine vollständige 360 Grad Abdeckung zu gewährleisten, war natürlich enorm und von viel 'Learning by doing' geprägt. O'Herlihys Ansprüche waren von Anfang hoch: "Sonic Qualität, hoher Dynamikumfang und kristallklarer Stadionklang". Um dies zu gewährleisten setzte das Team auf eine komplett neue Technologie, eine grundlegende Abkehr von dem System, auf das O' Herlihy bei vorangegangene Stadiontourneen gesetzt hatte. Ob jeder am Ende mit dem Ergebnis zufrieden war kann und möchte ich nicht beurteilen, dafür bin ich allein schon nicht penibel genug. Auf jeden Fall sprachen viele Experten davon, dass diese Tour den Stadionsound neu definiert habe.

Fans performen Angel of Harlem auf der 360° Bühne in Berlin (Foto: Conny Wittmann für U2tour.de)

Unterm Strich schwelge ich wunderbaren Erinnerungen an die 360° Tour.  Noch nie hatte mich eine Live-Inszenierung so fasziniert, noch nie hatte ich so viel Freude daran, Freunde und Bekannte erstmalig mit zu einem U2 Konzert zu nehmen - 360° war in dieser Hinsicht eine todsichere Nummer, hinterließ staunende Gesichter und ungläubige Blicke.
Höhepunkte, die mir spontan einfallen: die Performance von Angel Of Harlem durch drei Fans im Berliner Olympiastadion, Bonos perfekter Italienisch Part während Miss Sarajevon im San Siro, Bonos kreative Vorstellung der Bandmitglieder, die Spielfreude der Band bei eigentlich jeder Show, Adam mit nacktem Oberkörper im Züricher Regen, ein Anblick der wohl selbst jeden Hetero-Mann kurz seine sexuelle Orientierung anzweifeln lässt ;) und natürlich: Snow Patrol! Immer wieder Snow Patrol, der meines Erachtens beste Support, den U2 jemals hatte. Dort, wo die Band für U2 eröffnete, fand mit 'Run' eines der Highlights bereits statt, bevor Bono, Edge, Adam und Larry die Bühne betreten hatten.

Snow Patrol loves Amsterdam (Foto: Daniel für U2tour.de)

Kleiner Wermutstropfen: um die Bilder in menem Kopf aufzufrischen werde ich wohl regelmäßig Fotoaufnahmen oder Youtube bemühen müssen, denn der offizielle Konzertfilm "Live at Rose Bowl" ist in meinen Augen die schlechteste Veröffentlichung, die U2 bisher zu einer Tournee herausgebracht haben. All das, was die Tour so einzigartig und fantastich gemacht hat, finde ich darin nicht im Ansatz wieder. Darum bin ich dankbar für all die schönen Erinnerungen, die ich an U2s "spaceship-on-four legs" agbespeichert habe. Wann immer ich an die Zeit zurückdenke, 'spielt die Band in meinem Kopf einen Striptease.' 

Und dann ist da ja noch DAS Foto der Tour:

 360° Tour im Berliner Olympiastadion © Ralph Larmann

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte - sollte ich die 360° Tour mit einem einzigen Motiv beschreiben, es wäre diese Aufnahme von Ralph Larrmann. Als im Berliner Olympiastadion aufgrund eines technischen Defekts die Discokugel stehen blieb, war Larmann zur richtigen Zeit am richtigen Ort und drückte ab. Sein Foto schaffte es nicht nur in die Herzen von Band, Crew und Fans, sondern auch auf den Titel des offiziellen Programmhefts zur Tour. Ein Interview, das U2tour.de seinerzeit mit Ralph Larmann führte, findet ihr HIER, seine Webseite unter www.larmann.com, seinen Facebook Account HIER. Und wer wie ich nicht genug von der 360° Tour bekommen kann und es noch nicht sein Eigen nennt, dem sei wärmstens das Buch 'U2 - Die 360° Tour (Um die Welt in 760 Tagen - Das offizielle Fotobuch)' empfohlen. 

„Science Learning Campus“ - neue Heimat der Claw © Liveland Living Planet Aquarium

Als ich mich nach der Zürich Show ein letztes Mal umdrehte, um einen finalen Blick auf die Bühne zu werfen, war das als müsse ich einem liebgewonnenen Freund für immer Lebewohl sagen. Die Claw wird zukünftig eine neue Heimat im Loveland Living Planet Aquarium in Salt Lake City erhalten. Ich hoffe darauf, sie irgendwann mit meiner Familie an diesem Ort wiederzusehen und meinem Sohn bei ihrem Anblick zu sagen: "Don't be careful of small men with big ideas". Manchmal kommt dabei nichts geringeres heraus als 'The Greatest Show On Earth'!



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