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U2 News » Brexit und Benji: So war's in Belfast


Es wurde im Januar nicht lange überlegt, als die Tourdaten veröffentlicht wurden: Im Herbst wird es nach Belfast gehen. Nicht gerade die typische U2-Metropole oder überhaupt eine Stadt, die regelmäßig von großen Künstlern auf Tour besucht werden würde – mal was anderes also. Es war ein kleiner Hauch von Abenteuerlust, mit dem also am Freitag die Reise angetreten wurde. Was würde den Trip wohl prägen? Die Brexit-Debatte? Die Spannung rund um die neue Setlist? Die blutige Geschichte des Landes? Großartige Landschaften? Oder nerdige Game of Thrones Referenzen? Es war alles irgendwie allgegenwärtig.


Der Giants Causeway

Bereits im sommerlichen Deutschland bin ich ausgestattet für eine Polarexpedition in den Flieger gestiegen, um das zum Bersten gefüllte Handgepäck zu entlasten. Nicht umsonst, wie sich später herausstellen sollte: Eisiger Wind und bittere Kälte dominieren den nordirischen Herbst – "Winter is Coming" mag sich da der geneigte Serienschauer denken, denn es waren schließlich die fantastische Natur und das mystische Flair Nordirlands, die als Kulisse für den Norden und die Stormlands des HBO Fantasy-Epos "Game of Thrones" dienten, was, wie wir erfahren haben, für Belfast und Umgebung nicht zu verachtenden wirtschaftliche Auswirkungen hatte und hat.


Dark Hedges - die GoT-"Kingsroad"

Zusammen mit dem Wetter auf Winterfell-Niveau war es auch der der brünstige Taxifahrer, mit dem ich den Trip zum Apartment antrat, der den ersten Eindruck des Landes formte. Ehe ich mich in meiner mehrsekündigen Reaktionszeit zur Entschlüsselung des klingonisch anmutenden Akzents verlor, befand ich mich schon inmitten einer aufgezwungenen trumpschen Locker-Room-Konversation, in welcher ich (mehr oder minder) wertvolles umgangssprachliches Vulgärvokabular erlernen durfte. Doch ist diese Kurzepisode in keinster Weise repräsentativ für die überaus freundlichen und warmherzigen Nordiren. Allen voran sei hier unser Vermieter und Guide Ryan genannt, mit dem wir fantastische Locations besuchen durften – den faszinierenden Giants Causeway, die Seilbrücke bei Carrick-a-Rede oder die Dark Hedges, Drehort der Kingsroad bei Game of Thrones - und schließlich Benji, unser ständiger vierbeinige Begleiter, der diesen hervorragenden Trip noch einmal durch seine alleinige Präsenz aufzuwerten vermochte.


Benji

Auch Belfast selbst bietet einiges: Das gigantische Titanic-Museum als Must-Go für jeden Belfast Aufenthalt, das ehemalige Gefängnis Crumlin Road Gaol, die ikonischen, skyline-beherrschenden Brückenkrane Samson und Goliath und schließlich die vielen Murals aus den Zeiten der Troubles. "You can kill a revolutionary but you can never kill the revolution" – Längst verjährte militante Sprüche dieser Art sind heutzutage noch kunstvoll verpackt an den Wänden der nordirischen Hauptstadt zu lesen. Es sind Relikte eines (nicht sonderlich tief) begrabenen Konflikts, der durch den anstehenden Brexit allerdings wieder auszubrechen droht, denn es handelt sich immer noch nicht um einen Frieden, sondern schlicht um ein fragiles Waffenstillstandsabkommen. Es gibt im Prinzip zwei Optionen, wie mit der durch den Brexit aufgeworfenen Nordirland-Frage umgegangen werden könnte – keine davon stellt eine befriedigende dar. Entweder wird es wieder eine harte Grenze zwischen dem Norden und Süden geben – was gelinde gesagt den Nationalisten nicht schmecken würde. Um es in den Worten eines Locals auszudrücken: "The IRA would take that ceasefire and rip it apart." Die Alternative wäre ein Austritt Nordirlands aus dem UK, was wiederum die Unionisten im Norden aufbringen würde. Und überhaupt stellt sich durch den Brexit die Konfliktfrage einer Wiedervereininung neu. Belfast scheint der politisch brisanteste Tourstopp dieses Jahres zu sein.


Wandzeichnung in einer Nationalist Catholic Gegend in Belfast



Umso spannender war die Frage, was U2 dazu sagen würden, hatte Bono schließlich noch nie den Mund gehalten, wenn es um den Nordirland-Konflikt ging – seien es Songs wie Sunday Bloody Sunday oder Raised By Wolves, die legendäre Rattle & Hum Wutrede, welche ihn angeblich auf die Todesliste der IRA setzte oder sein Engagement rund um das Karfreitagabkommen. Würde es MacPhisto in dieser gespaltenen Stadt wagen, ironische Worte über den Brexit und die Nordirland-Frage zu verlieren? Wie würde die Europa-Message um New Year’s Day aufgenommen werden, womöglich mit dem britischen Stern auf der EU Flagge?

Tatsächlich geschah nichts dergleichen. MacPhisto war zurückhaltend und die "normale" EU Flagge wurde ausgerollt. Und das war auch gut so! Mit jeder politischen Geste hätte die Band Öl in ein Feuer gegossen, das niemand der Anwesenden an diesem Abend auch nur auf Sparflamme auflodern lassen wollte. Die (der eigenen Abgebrühtheit und Dekadenz nach der x-ten U2-Show geschuldeten) Klomärsche und Bierwanderungen durch den Innenraum während der Publikumslieblinge Beautiful Day oder Elevation/Vertigo oder die Tatsache, dass einem wildfremde Menschen in die Arme fallen, ließen keinen Zweifel daran: In Belfast herrschte an diesen Abenden eine ausgelassene Feierstimmung, an welcher nichts von der Spaltung der Stadt und des Landes zu spüren war. Zuletzt verlor Bono dann doch noch wohlüberlegte Worte zum Thema:

"Er sagte, dass er diese Worte sowohl dieses Wochenende in Belfast in Nordirland als auch dann zu den Konzerten in Dublin in Irland wiederholten werde. Er sagte, dass unabhängig davon, ob es im Zuge des Brexit 2019 eine weiche, eine harte oder gar keine Grenze zwischen Irland und Nordirland geben werde, dass man niemals das Vertrauen ineinander verlieren dürfe. Nur nur Respekt und Toleranz sei die prosperierende Zukunft der Insel gesichert."
U2tour.de News vom 27.10.2018


Besser hätte er es nicht treffen könnte. Belfast applaudierte. Und sang together as one.



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