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U2 News » Edge im Interview mit der Frankfurter Rundschau


Im einem ausführlichen Interview mit der Frankfurter Rundschau erzählt The Edge über das Leben als Gitarrist: wie er seine Lieblingsgitarre kaputt gemacht hat, wie es sich neben Aktivist Bono in einer Rock'n'Roll Band lebt und wie spannend die Arbeiten zum Film "It Might Get Loud" (ab Sommer im Kino, wir berichteten) mit Jimmy Page und Jack White waren. Natürlich erzählt er auch über die anstehende Tour und das neue Album. Das ganze Interview könnt ihr hier lesen und in unserem Forum über den sympathischen Mützenträger diskutieren!

Edge, es gibt nicht viele Fotos, auf denen U2 lachen...

Das stimmt. Wir gucken immer so stoisch. Dabei sind wir sehr lustig. Nur kommt der Humor unserer Band in den meisten Fotos nicht wirklich zur Geltung.

Auf einem schon: Ihr langjähriger Fotograf Anton Corbijn zeigt die Band in seinem Bildband "U2 and I" auf Fahrrädern, wie Sie sich vor Lachen nicht mehr halten können. Wie hat Corbijn Ihnen den Ernst ausgetrieben?

Er hat seine Hosen vor uns runter gelassen.

So einfach bringt man Sie zum Lachen?


Nun, es hat die Session merklich aufgelockert. Aber er muss nicht immer die Hose runterlassen, um uns zum Lachen zu bringen. Auf vielen Fotos gucken wir nur deshalb so ernst, weil sie oft in extremen Wetterbedingungen entstanden: Mal war es sehr heiß, mal bitter kalt. Bei den Aufnahmen zum "Joshua Tree"-Album beispielsweise...

Die Sie als Denker in Unterhemden in der US-Wüste zeigen.

Ja. Nur war es an dem Tag in der Wüste eiskalt. Das sieht man auf dem Bild natürlich nicht. Stattdessen sieht man vier Iren, die so unglücklich dreinschauen, als könnten sie sich nicht über ihren Erfolg freuen. Inzwischen sucht Anton für seine Fotos Orte aus, an denen wir uns etwas wohler fühlen.

Reden wir ein bisschen über Ihr Verhältnis zu Ihrem Sänger. In früheren Konzerten haben Sie Bono schon mal mit der Gitarre auf der Bühne vor sich hergetrieben. Das sah wie ein seltsamer Stierkampf aus und manchmal auch so, als wäre es Ihnen bitterernst mit der Attacke.

Ich gebe zu: Es gab Abende, an denen wir etwas heftiger aufeinander prallten. Aber es wurde nie so schlimm, dass wir uns wirklich geprügelt hätten.

Wieso lassen erwachsene Männer es so weit kommen?

Es fing als kindisches Spiel an. Es hat sich dann immer mehr zugespitzt, am Ende war es halt ein Stierkampf.

Sie waren der Torero und Bono der Stier?

Man könnte es auch als Kampf zwischen Engel und Teufel sehen.

Und Edge war der Engel?

Das hoffe ich zumindest. Es ist wie eine alte Ehe, in der jeder aus dem anderen das Beste herauszupressen scheint. Zwischen Bono und mir funktioniert es gerade deshalb, weil wir so unterschiedlich sind. Unsere Stärken und Schwächen ergänzen sich auf eine sehr seltsame Weise, das geht nur, weil wir immer noch sehr eng miteinander befreundet sind.

Und Bonos politische Kampagnen für Afrika, die er seit zehn Jahren unermüdlich betreibt, haben das Bandgefüge nicht belastet?

Ich habe oft gesagt, dass es mir nicht gefallen hat, dass er sich mit George Bush, mit Blair und Putin fotografieren ließ. Trotzdem stehen wir alle hinter ihm. Er ist in seiner politischen Arbeit sehr effektiv, eben weil er sich auf dieser Bühne einmischt, ein Teil des politischen Betriebs wird. Fragen Sie mich nicht, woher er die Energie für all das nimmt. Wir haben als Band überlebt, weil U2 am Ende immer unser aller Hauptinteresse geblieben ist. Es gibt für mich nichts Besseres.

Was machen Sie, wenn Bono eines Tages von U2 zu den UN wechselt?

Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Aber sein Herz gehört dem Rock'n'Roll. Und er hat inzwischen herausgefunden, dass er in beiden Welten leben kann.

Edge, von den Torero-Attacken auf den Leadsänger mal abgesehen: Sind Sie auf der Bühne je aus der Haut gefahren und haben, wie so viele Gitarristen, aus Wut eine Gitarre zerstört?

Das ist passiert - sehr selten zwar, aber es ist passiert. Aber ich wollte nie ein Ritual des Gitarrenzerstörens einführen, das so viele Bands als Teil ihrer Show inszenieren. Das ist langweilig und vorhersehbar. Aber es gab auch bei mir Momente, in denen ich die Kontrolle verlor - dann gingen leider meine Lieblings-Gitarren zu Bruch.

Hört sich schlimm an.

War es auch. Vor allem für mich. Einmal gab es während eines Konzertes in der New Yorker Radio City Music Hall ein Gerangel vor der Bühne. Einige Kids versuchten, auf die Bühne zu gelangen, die Security prügelte auf sie ein. Ich warf meine Gitarre in die Ecke und sprang einfach da rein. Ohne zu überlegen. Als ich zurückkam, musste ich leider feststellen, dass der Gitarrenkopf dabei in die Brüche gegangen war. Das war wirklich bitter - ich hatte die schöne Gibson Explorer, meine Lieblingsgitarre, geköpft. Ich habe sie dann reparieren lassen. Sie ist immer noch großartig, aber sie ist nicht mehr die selbe. Irgendetwas hat sich verändert. Aber ich bin ihr treu geblieben, ich spiele sie immer noch.

Sie hätten sich ja auch eine neue kaufen können.

Das habe ich auch gemacht - die selbe Marke, der gleiche Jahrgang, aber sie klingt völlig anders. Sie klingen alle anders, jede Gitarre hat ihren eigenen einzigartigen Ton. Auf einer US-Tour habe ich mal aus Frust eine meiner Rickenbackers getreten. Wir filmten gerade, es lief nicht gut, der Sound war beschissen, und ich war extrem genervt, weil die Show nicht annähernd so gut war, wie das, was wir seit Wochen spielten. Wenn du da draußen auf der Bühne stehst, wird jedes deiner Gefühle um das hundertfache verstärkt. Du regst dich manchmal über die banalsten Dinge wahnsinnig auf, weil du einfach einen Adrenalinkick hast.

Am Ende werden all Ihre zerstörten Gitarren wieder repariert?


Ja. Meine Gitarren sind nicht zum Zerstören gedacht. Das haben sie nicht verdient.

Demnächst werden Sie in dem hochgelobten Dokumentarfilm "It Might Get Loud" neben alten Gitarren-Helden wie Jimmy Page von Led Zeppelin und jüngeren Kollegen wie Jack White von den White Stripes zu sehen sein. Beide haben einen ganz anderen Stil als Sie. Was hat Sie an dieser Zusammenarbeit gereizt? 

Nun, der Regisseur Davis Guggenheim, der sich mit Al Gores Umwelt-Dokumentation "Eine unbequeme Wahrheit" einen Namen gemacht hat, ist ein großer Überredungskünstler. Er hat es wirklich geschafft, mich für das Projekt zu begeistern. Obwohl ich zunächst meine Zweifel hatte, wie das funktionieren soll: Wenn drei so unterschiedliche Gitarristen zusammen sitzen, spielen und über ihre Arbeit reden.

Und - hat es funktioniert?

Ja. Ich war überrascht, wie schnell und leicht wir zusammen kamen. Das hat mir viel Spaß gemacht. Wir haben großen Respekt voreinander und viel voneinander gelernt. Obwohl unsere musikalischen Einflüsse unterschiedlicher nicht sein könnten, ging es am Ende um die Leidenschaft für große Musik. Da war es letztendlich egal, ob der eine vom Blues, der andere vom Punk oder vom Garagenrock beeinflusst war. Das ist nicht selbstverständlich, ich habe es auch erlebt, dass Musiker nicht dieselbe Sprache sprechen.

Wann war das?

Das habe ich während der Aufnahmen zu unserem aktuellen Album "No Line On The Horizon" im marokkanischen Fés erlebt. Wir waren ursprünglich nach Fés gekommen, weil es dort dieses Festival für religiöse Musik gibt. Dann sind wir geblieben, und es wurde eine Art Songwriting Workshop für uns. An einem Abend hatten unsere Gastgeber marokkanische Percussionspieler zu uns ins Studio eingeladen. Wir hatten einen langen, harten Tag hinter uns. Aber sie spielten einen ansteckenden Groove. Und so wurden wir alle ganz langsam zu unseren Instrumenten hingezogen. Wir stimmten mit ein, wollten uns ihnen zumindest annähern. Aber als wir anfingen zu spielen, sah ich in ihren Gesichtern die totale Verwirrung. Als wollten sie uns sagen: Auf welche Weise hört ihr euch denn unsere Rhythmen an? Es war ein sehr kurioser, verwirrender Moment für alle. Ich musste feststellen, dass es bei dieser Jamsession auf einer sehr fundamentalen Ebene große Unterschiede gab. Es gab nicht diesen intuitiven Austausch.

Das aktuelle Album ist gerade mal ein paar Monate auf dem Markt, die Tournee steht kurz bevor, da kündigen Sie bereits eine weiteres Werk an, das angeblich noch in diesem Jahr oder Anfang nächsten Jahres erscheinen soll. Ist das nicht ein bisschen viel U2 auf einmal?

Es ist wie es ist: Unsere Gedanken sind schon jetzt auf das nächste Album ausgerichtet, obwohl wir gerade erst mal das aktuelle richtig kennen gelernt haben. Wir haben einfach so viele Songs geschrieben, die wir nicht alle auf dem neuen Album veröffentlichen konnten.

Anfang der 90er hatten Sie einen ähnlichen Produktivitätsschub, als Sie während der Tournee zum Album "Achtung Baby" bereits den Nachfolger "Zooropa" einspielten und veröffentlichten, der dann allerdings gemischte Kritiken erhielt. Warum tun Sie sich diesen Stress an?

Wir setzen uns diesmal nicht unter solchen Druck wie damals. Wir wollen den Fluss der Ideen einfach nicht unterbrechen. Aber "Zooropa" war schon verrückt, wir flogen damals zurück von den Shows, machten die Nächte durch, um das Album fertigzustellen, und den nächsten Tag wartete der nächste Auftritt auf uns. Was für ein Wahnsinn. Das fand auch unser langjähriger Produzent Brian Eno, der sich in der Zeit lieber anderen Projekten widmete. Am Ende war er dann doch überrascht, dass wir es zu Ende gebracht hatten.

Und dabei einen Ihrer ungewöhnlichsten Songs hervorbrachten: U2 gaben die Begleitband für Johnny Cash, der zu einem abgedrehten Elektro Country sang. 

Sehen Sie: So schlecht kann das Album also nicht gewesen sein. Johnny Cash als Frontmann in unserer Band. Er sang Zeilen, die wir geschrieben hatten, zu unserer Musik, diesem Science-Fiction-Soundscape. Und darin dieser wunderbare tiefe Stimme. Was für ein außergewöhnlicher Mann, Johnny Cash.

Das scheint Ihnen Spaß zu machen, ab und zu einen anderen Frontmann auszuprobieren: Mit Paul McCartney haben Sie auch schon gespielt beim Live 8 Konzert vor vier Jahren. Ist es manchmal angenehm, mit einem anderen Zampano als Bono aufzutreten.

Paul Mccartney war einfach sehr nett, zuvorkommend ist. Ich war überrascht, wie gut er immer noch singen kann. Wir spielten "Sgt Pepper", einen Song mit sehr hohen Tönen, die er immer noch trifft. Das war einer der Moment, in denen ich mich selbst ständig kneifen musste, um mich zu vergewissern, dass ich nicht träumte. Wir haben es glaube ich ganz gut hinbekommen. 

Es gab Momente, in denen Sie selbst der Frontmann von U2 waren – 1997 beim Auftritt in Sarajevo, als Bono die Stimme wegblieb und Sie ausgerechnet bei Ihrer Hymne "Sunday Blody Sunday" als Sänger einspringen mussten. Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Weiß ich nicht mehr genau. Ich weiß nur, wie froh ich war, dass die Zuschauer Zeile für Zeile mitsangen. Sowas ist immer wieder passiert, ohne dass uns alles um die Ohren flog. Wir sind gut darin, uns in Krisen zu bewähren. Und sie können mir glauben: Wir hatten viele Krisen.

Jetzt kommen Sie wieder mit einer gigantischen Bühnenshow auf Tour. Im Zentrum soll eine Konstruktion stehen, die wie eine Spinne vom Mars aussieht. Damit übertrumpfen Sie selbst die Riesenshows der vergangenen U2-Tourneen. Sind Sie es nicht manchmal leid, gegen sich selbst antreten zu müssen?

Es ist eben wieder ein Experiment. In diesem Rahmen hat das so noch niemand vor uns gemacht. Wir werden sehen, wo es uns hinführt. Das ist im Moment alles sehr aufregend. Es gibt noch Überlegungen, eine Produktion zu konzipieren, die man aus dem Weltall sehen kann.

(Interview: Martin Scholz)

Zur Person
David Evans, 47, den sogar seine Mutter mit seinem Künstlernamen The Edge anspricht, ist Gründungsmitglied und Gitarrist der irischen Rockband U2. Er war immer das Gegenteil des klassischen Gitarrenhelden: keine breitbeinigen Posen, wenig Soli, stattdessen verknüpfte er die Akkorde zu einem filigranen Klangteppich, der längst sein Markenzeichen geworden ist. Auf der neuen Single "Magnificent", die U2 im marokkanischen Fés aufnahmen, haben U2 arabische Melodien und Rhythmen mit ihrem wuchtigen Rock verwoben.

Die U2-Tournee beginnt am 30. Juni in Barcelona, für die beiden deutschen Konzerte am 18. Juli in Berlin sowie am 3. August in Gelsenkirchen gibt es noch Restkarten (www.eventim.de).

Der Musik-Dokumentarfilm "It Might Get Loud", in dem The Edge mit Led Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page und Jack White von den Whites Stripes zusammen spielt und sie über ihre unterschiedlichen Einflüsse diskutieren, wird im Sommer in deutschen Kinos zu sehen sein. www.itmightgetloud.com 

Quelle: http://www.fr-online.de



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